Kürzlich in Franken. Rote Wand, John Lennon, eine 8 – mit drei Sternen bewertet. Schöne und abwechslungsreiche Lochkletterei – so steht es im Führer. Die Schlüsselstelle kommt weit oben, beim Ausstieg über den Bauch. Nicht nur weit oben in der Route, sondern auch weit über dem Haken. Ich (Leni), habe sie fast geschafft. Bin mit der linken Hand schon über dem Bauch, finde aber nichts für meine rechte Hand. Die Kraft in den Beinen lässt nach – der Blick nach unten sagt mir: Das wird ein weiter Sturz. So „hart“ bis dahin geklettert – und dann zum Glück butterweich gestürzt! Danke, Máté! Ich wiege rund 20 Kilo weniger als Máté. Für ihn also harte Arbeit, mich so weich zu sichern. Und für mich ein Privileg, es als selbstverständlich sehen zu dürfen!
Nun ist eine andere Klettererin in der Route. Neugierig beobachte ich sie. Findet sie einen Weg über den Bauch? Sie kämpft auch an der Schlüsselstelle. Sie ist fast so weit über dem Haken wie ich. Sie klettert ebenso hart – stürzt dann aber leider noch viel härter als sie geklettert ist. Mit unbeschreiblicher Wucht donnert sie mit der rechten Ferse an den Fels. Das Zuschauen allein tut weh. Ihr schmerzverzerrtes Gesicht verrät das Ausmaß des harten Aufpralls. Ihr Sicherungspartner steht wie ein Fels in der Brandung am Wandfuß. Auch er wiegt sicherlich 15 Kilo mehr als sie. Doch leider ist bei ihm von Dynamik nicht viel zu sehen. Er sieht sofort, dass sich seine Kletterpartnerin verletzt hat. Lässt sie ab. Und dann fühlt sich die Situation für mich als Beobachterin plötzlich seltsam an….
Ich hatte erwartet, dass er sich entschuldigt. Fehler können passieren, Fehler sind menschlich. In meinen Augen hat er einen Fehler gemacht. Weil er nicht aufmerksam genug war, um im richtigen Moment dynamisch zu sichern. Weil er offensichtlich den richtigen Zeitpunkt verpasst hat, um seine deutlich leichtere Kletterpartnerin weich abzufangen und sie vor einem harten Aufprall an der harten Wand zu schützen. Wie gesagt: Fehler passieren. Kein Mensch ist perfekt. Auch kein Sicherungspartner. Doch erstaunlicherweise kommt keine Entschuldigung vom Sichernden. Keine Reaktion von der Klettererin. Und auch nicht von den Kletterer*innen, die mit ihnen unterwegs waren. Ja, sie kümmern sich um die verletzte Ferse. Doch KEIN WORT über die Art und Weise, wie gesichert wurde.
Ich bin überrascht und beobachte die Gruppe weiter. Zum Glück lassen die Schmerzen bei der Klettererin nach. Sie scheint sich nicht ernsthaft verletzt zu haben. Puh, Erleichterung. Und endlich Zeit, um über das Sicherungsverhalten zu sprechen? Nein. Zeit, um weiter zu klettern. Zumindest diejenigen, die ihre Ferse noch belasten können. Meine Gedanken drehen sich noch den restlichen Tag um meine Beobachtungen. Ist es unsere eigenartige Fehlerkultur, die es uns nicht erlaubt, unsere Fehler offen anzusprechen? Oder ist es einfach mangelndes Bewusstsein? Dafür, dass sich der Sturz ganz anders hätte anfühlen können. Dafür, dass weiches Sichern für harte Kletterer*innen selbstverständlich sein sollte?
An diesem Tag bin ich mit meinen Gedanken alleine geblieben. Ich habe die Gruppe nicht angesprochen. Nicht herausgefunden, ob es an der Fehlerkultur oder am mangelnden Bewusstsein für weiches Sichern lag. Ich wollte John Lennon nochmal klettern. In dem Bewusstsein, dass, egal wie hart ich klettere, ich am Ende immer weich gesichert werde. Und sollte irgendetwas an der Art des Sicherns für mich nicht passen, ich es offen ansprechen kann. Damit wir uns als Seilschaft weiterentwickeln. Damit wir gemeinsam Vertrauen und Kompetenz aufbauen. Damit wir als Weicheier härter klettern können. Um dieses Bewusstsein zu stärken, haben wir unsere Weichei-Kampagne ins Leben gerufen. Und Du? Bist Du auch ein Weichei, wenns ums Sichern geht?
Schreibe uns, ruf uns an, besuche uns… welcher Weg auch immer Dich zu uns führt: Wir freuen uns auf Dich!
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Tel.: 01573-7810193 (Máté Matolcsi)
climbe – Analena Rischpler und Máté Matolcsi GbR
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