Es tut sich was auf dem Markt der Seilbremsen: Das neue ZAED ist seit dieser Woche online erhältlich. Wer dahinter einen großen Hersteller aus dem Sportklettern erwartet, der irrt sich. Das neue Gerät wurde mehr oder weniger für den eigenen Bedarf entwickelt. Stephan Chudowski ist ursprünglich in der Slackline-Branche tätig (raed slacklines). Wie bei vielen Kletterpaaren ist er deutlich schwerer als seine Freundin. Bis dato nutzte er das Ohm und dachte sich bei zahlreichen Stürzen ins Seil: “Das muss doch irgendwie weicher gehen!” Und so ist nach einiger Entwicklungszeit das ZAED entstanden. Wir durften es testen, bevor der Verkauf gestartet ist und teilen gerne mit euch unsere Erfahrungen.
Vorteile auf einen Blick:
#1 Weiches und dynamisches Sichern ist intuitiv möglich.
#2 Das Gerät kann in zwei verschiedenen Stufen verwendet werden: Je nach Gewichtsunterschied lässt sich die Bremswirkung erhöhen oder reduzieren. Damit ist weiches Sichern sogar schon ab einem sehr kleinen Gewichtsunterschied (ab 5 Kilo) gut möglich.
#3 Das Seil läuft beim Klettern ohne Reibung durch das Gerät, es entsteht quasi kein Seilzug.
#4 Handling ist einfach und entspricht dem erlernten Verhalten bei Ohm oder Bauer: Es wird in die erste (oder zweite) Zwischensicherung eingehängt.
Nachteile auf einen Blick:
#1 Das Gerät bremst erst, wenn eine weitere Zwischensicherung über dem Gerät geclippt ist. Wer es gewohnt ist, beim Sportklettern in der Halle erst den zweiten Haken zu clippen, geht also bis zum dritten Haken ein gewisses Risiko ein, da ein Sturz nicht gebremst werden würde.
#2 Das Gerät ist grundsätzlich darauf ausgelegt, dass es in die erste Zwischensicherung gehängt wird. Dann funktioniert der Bremsmechanismus am besten. Allerdings kann es für die sichernde Person bei größerem Gewichtsunterschied dazu führen, dass sie schnell bis zum Gerät hochgezogen wird.
Das ZAED funktioniert im Grunde wie ein Reibungsclip innerhalb des Geräts. Ännlich wie beim Bauer oder beim Ohm handelt es sich also um einen Reibungserhöher. Im Falle einer Seilbelastung schlägt das Gerät nach oben. Dadurch wird eine erhöhte Seilreibung erzeugt und das Gerät bremst. Je nach Gewichtsunterschied lässt sich eine höhere oder geringere Seilreibung wählen, indem die Position des beweglichen Bolzen verändert wird. Somit kann die Bremswirkung je nach Gewichtsunterschied beeinflusst werden.
Mit dem ZAED ist dynamisches und weiches Sichern intuitiv möglich. Wir haben den ZAED in beiden Stufen getestet: Stufe 1 bei ca. 10 Kilo Gewichtsunterschied zwischen Leni und János von „Die Kletterschule“. Stufe 2 bei ca. 20 Kilo Gewichtsunterschied zwischen Leni und Máté. In beiden Konstellationen war weiches Sichern super möglich! Verwenden wir zum Sichern bei Gewichtsunterschied das Ohm oder den Bauer- Zorro, fühlt es sich eher so an, dass sich das Gewichtsverhältnis umkehrt, also die eigentlich leichtere Person nicht mehr eine schwerere Person sichert, sondern eine leichtere. Beim ZAED fühlt es sich bei einem Gewichtsunterschied von 10 Kilo so an, als würde man eine gleich schwere Person sichern. Beim Gewichtsunterschied von 20 Kilo fühlt es sich an, als wäre die kletternde Person etwa 5-10 Kilo schwerer.
Beim Seilausgeben fällt es absolut gar nicht auf, dass eine Seilbremse verwendet wird. Das Seil läuft ohne jegliche Reibung durch das Gerät und auch schnelles Seilausgeben bzw. Seilholen durch den Kletterer ist gut möglich, ohne dass das Gerät nach oben schlägt und bremst.
Ein Nachteil zu den bisherigen Geräten auf dem Markt: Das ZAED bremst leider erst ab der zweiten geclippten Zwischensicherung. Stürzt der Kletterer in den ersten Haken (und somit direkt in den ZAED), wird der Sturz nicht gebremst. Im Falle eines Sturzes tritt sie Belastung durch das Seil auf dem verstellbaren (und damit drehbaren) Bolzen auf. Entgegen unserer Befürchtungen, dass der drehbare Bolzen einen Sturz sogar beschleunigen könnte, ist dies jedoch nicht der Fall. Dennoch: Bei einem größeren Gewichtsunterschied ist ein Sturz in den ersten Haken ohne Bremskraft ein erhebliches Risiko.
Grundsätzlich ist das Gerät für die Verwendung in der ersten Zwischensicherung in Hallen ausgelegt und erzielt hier die beste Bremswirkung. Viele Seilschaften, die regelmäßig stürzen, verzichten gerne auf das Einhängen der ersten Zwischensicherung. Vor allem beim Sichern einer schwereren Person kann es tatsächlich Vorteile haben, die erste Exe nicht zu clippen: Mit mehr Platz bis zur zweiten Exe verlängert man die “freie Bahn” der sichernden Person. Das nimmt spürbar die Kraftspitzen aus dem System. Die sichernde Person wird eher nach oben als zur Wand hin beschleunigt.
Wer das ZAED in die zweite Zwischensicherung einhängt, muss dringend zwei Dinge bedenken:
#1 Die kletternde Person ist bis zum dritten Haken ohne Reibungserhöhung unterwegs! In schweren Projekten empfiehlt es sich hier also dringend, den zweiten und dritten Haken vorzuclippen!
#2 Der nötige Abstand zur Wand vergrößert sich, um eine optimale Bremswirkung zu erzielen.
Wichtig zu wissen (unabhängig vom Einsatz einer Seilbremse): Wird erst die zweite Zwischensicherung geclippt, kann die sichernde Person weiter nach oben gezogen werden. Damit verlängert sich die Sturzstrecke, Bodensturz- und Kollisionsgefahr nehmen zu!
Auch wenn das dynamische Sichern mit dem ZAED relativ intuitiv funktioniert: Die korrekte Verwendung von Seilbremsen in jeder Situation erfordert viel Erfahrung und eine fachliche Auseinandersetzung mit dem Thema. In einem Sturz- und Sicherungstraining können wir Dich dabei begleiten und dich in sicherer Umgebung in die Anwendung eines neuen Geräts einführen.
Wir empfehlen das Gerät vor allem den Seilschaften, bei denen das Stürzen zur Kletter-Routine gehört und die Wert auf weiches Sichern legen. Für Anfänger:innen sehen wir einen großen Vorteil in Ohm oder Bauer, dass sie bereits ab der ersten geclippten Zwischensicherung bremsen und ihnen so sicheres Klettern und Sichern in Bodennähe ermöglichen. Für besonders große Gewichtsunterschiede von mehr als 30 Kilo empfehlen wir den Bauer.
Übrigens: Auch bei den bekannten Seilbremsen tut sich einiges! Das Ohm wurde weiterentwickelt und kommt bald in der neuen Version auf den Markt. Auch Matthias Bauer hat die Bremsscheiben des Bauer Zorro optimiert. Mit dem Espressi gibt es nun auch eine Bauer-Variante auf dem Markt, die sich öffnen lässt, auch ohne den Karabiner zu entfernen und damit die Handhabung deutlich erleichtert. Uns hat der Espressi bereits überzeugt! Und auch Mammut arbeitet an einem neuen Gerät. Es bleibt also spannend, was das Jahr 2024 alles bringen wird!
Schreibe uns, ruf uns an, besuche uns… welcher Weg auch immer Dich zu uns führt: Wir freuen uns auf Dich!
team@climbe.de
Tel.: 01573-7810193 (Máté Matolcsi)
climbe – Analena Rischpler und Máté Matolcsi GbR
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