Eigentlich wollte ich große Berge besteigen. Ich wollte nicht auf dem Normalweg hinauf, sondern eigene Wege entdecken. Ich hatte keine Ahnung… weder vom Bergsport an sich, noch von seinen einzelnen Facetten. 2010 habe ich einfach mal einen Kletterkurs in der Halle gebucht! Ich erinnere mich noch an meine anfängliche Unbeholfenheit an diesen bunten Plastikgriffen. Ich habe nicht einmal gecheckt, was die unterschiedlichen Farben bedeuten…
Ich wollte mehr! Mit einigen aus dem Kurs haben wir uns gemeinsam ein Sicherungsgerät und ein 50m Seil gekauft, Hardwareshare quasi. Dann ging´s auf in die Hochschulsportanlage in München, jeden Abend, jedes Wochenende, ich konnte nicht genug kriegen!
Viel hat viel geholfen… klettern, klettern und noch mehr klettern. Die bunten Griffe und ich sind gute Freunde geworden (irgendwann hatte ich die Bedeutung kapiert;)), meine Kraft entwickelte sich rasant, meine Klettereleganz blieb weniger beeindruckend. „Du machst viel zu viel mit den Armen!“, hat man mir gesagt. War mit egal, hauptsache wegkloppen die Routen! Irgendwann war Schluss, ich habe nicht verstanden, warum ich nicht noch stärker klettern kann…
Ich habe mich auf den Weg gemacht nach draußen, Reisen und Klettern. Und meine nächste Klatsche: Fels ist ja gaaanz anders, als Plastik…. Ich wollte weiter die Routen wegkloppen. Doch ich konnte nicht auf den Tritten stehen, war voller Unruhe und Hektik…
Und siehe da, ich musste mich zum erste Mal mit mir und meiner Kletterei auseinandersetzen. Raus aus dem Ärger, rein in die Reflexion. Anfangs war das grauenvoll, planlos in der Komplexität des Kletterns gefangen. Die Rationalität, die mich damals in meinem Mathe- und Physikstudium unterstütze, war nun wie ein Segen! Strategien entwickeln, verwerfen, probieren, studieren, eine Klatsche, ein Erfolgserlebnis usw…. Ich blieb beharrlich und geduldig und es klappte! Ich nutzte meine Freiheit, um mich selbst zu Erfahren, sowohl beim Klettern als auch in meinem Alltag.
Lehrer wollte ich werden, als Nachhilfelehrer habe ich schon mit 15 gearbeitet. Ich hatte mein eigenes kleines Business aufgebaut, habe Jugendlichen versucht, Mathe in den Kopf zu prügeln. Die Begegnungen mit den Kids, haben mich geleehrt, tiefer zu bohren: zu verstehen, warum zum Himmel sie Mathe nicht verstehen! Zu verstehen, dass sie alle individuell denken, rechnen und ihre eigene Sicht auf die Dinge haben…. Eines meiner ersten Wow-Erlebnisse!
Warum also keine Kletterkurse? Am Anfang steht immer das Kinderklettertraining. Die Kids nehmen dich auseinander, provozieren dich, wollen ihre Grenzen ausloten…. Überforderung gepaart mit einer unaufhörlichen Hilflosigkeit. Aber warte mal, du kannst doch auch strategisch und einfühlsam sein! Das konnte ich auch, musste mir nur den nötigen Abstand nehmen. Daheim über die Geschehnisse reflektieren, rote Fäden entwickeln und Kommunikationsstrategien lernen.
Ein langer Weg, den Blick nach vorne gerichtet, Motivationslöcher überwindend schlug ich mich durch diesen Prozess…. Heute noch, nur mit mehr Gelassenheit und Expertise :).
Ich bin flexibel geworden. In meinem Beruf als Klettertrainer und Coach darf ich mit unterschiedlichsten Gruppen und Altersstufen zusammenarbeiten. Habe ich Vorlieben? Eigentlich nicht. Denn ich kann in jeder Situation die Herausforderung sehen, auch wenn ich dafür manchmal den Abstand zum Geschehen benötige. Oder vielleicht doch….! Ich verbringe gerne mehrere Tage am Stück mit den Leuten, gemeinsame Reisen, Gespräche am Lagerfeuer, schlafen unter freiem Himmel:).
Training erfordert Zeit, Energie, Willen und Auseinandersetzung. Ich habe manchmal keinen Bock…. Aber glücklicherweise bin ich nicht allein!
Ich darf in meiner Alpenvereinssektion mit den Jugendlichen und Kids arbeiten, die trainieren wollen, die besser klettern wollen. Ich darf mit Erwachsenengruppen arbeiten, die bereit sind (manchmal sind sie auch Sturköpfe;)), an den eigenen Schwächen zu arbeiten. Ich darf mit Studierenden trainieren, die ihr Limit pushen wollen und bereit sind, über den Tellerrand hinaus zu schauen. Ich habe Glück, mit anderen Trainern*innen im Austausch zu sein.
Ich habe mein Studium aufgegeben. Dafür habe ich meine Leidenschaft gefunden. Diese Leidenschaft erfüllt mein Leben und hilft mir, zu wachsen. Ich würde es wieder tun:)!
26.12.2016. Ich habe Abstand von der Familie gebraucht, ab in die Halle mit einem guten Freund. Halle war quasi leer. 8+, 12. Exe, ich klettere mit letzter Kraft drüber, bin kurz vor dem Clippen und falle. Und falle. Und falle immer noch. 2 Sekunden später bin ich eingedonnert. Ich schreie eher wegen meiner Fassungslosigkeit, mein Körper schützt sich selbst vor den Schmerzen. Dann geht alles schnell, Sanitäter versorgen mich mit Drogen, ich bin fröhlich, flirte im Krankenwagen mit der Rettungshelferin. Absurdität auf der Intensivstation: ich voll high, kaum Schmerzen, meine Familie und mein Sicherungspartner am Boden zerstört, weinend vor mir. Mein Glück, nicht gelähmt zu sein, kann ich noch nicht fassen. Drei Wirbel zertrümmert, fünfstündige OP am nächsten Tag. Die Schmerzen lähmen mich, ich kann von der Schmerzmittel nicht genug kriegen. Familie, Freunde, Partnerin kommen mich besuchen, kümmern sich. Welch eine Freude, so gut aufgehoben zu sein, in einem Staat mit vorzüglicher medizinischer Versorgung!
Ich stand vor einer Entscheidung: kaputt gehen oder die Chance erkennen. Der glückliche Mix meiner Gene und meiner wohlbehüteten Erziehung in einer wohlbehüteten westlichen Welt entscheidet quasi für mich… Wenn jeder Mensch einen Glückswert hat, ist meiner 8 von 10. Dinge, die passieren, rufen kleine Fluktuationen hervor, aber trotzdem: 8 von 10! Ich machte mich auf den Weg, Familie, Freunde, Medikamente, Rehasystem, ich war nicht allein. Mir ging´s gut! Ich war motiviert, schnell wieder zu genesen, zu klettern, zu arbeiten. Ich Stand früh wieder in der Halle, mit meinen Kids, den Erwachsenen. Mein Gott, hatte ich immer viele Pillen intus! Ich war motiviert, das Leben sollte weitergehen, ich habe meinem Körper einiges zugemutet. Die Therapeuten haben gesagt, ich soll noch keine Liegestützen machen, ich machte sie drei Wochen nach meinem Unfall…. Depp ;)!
Lang. Langsam. Angst…
Vier Monate nach diesem Ereignis war ich wieder für den Hochschulsport als Kursleiter unterwegs. Vier Damen und ein verkrüppelter Kursleiter. Wenigstens war er gut drauf! Eine coole Zeit… Ich werde nie vergessen: ich sollte eine 5b abbauen. Im Vorstieg! Ich habe mir fast in die Hosen gemacht. Eines der Mädels hat gesichert, drei (!) habe ich beauftragt, mich zu hintersichern. Es war grauenvoll.
Toprope, Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle. Das habe ich als erstes gelernt, meine Klettereleganz hat sich endlich gravierend verbessert! Eine Chance, dann noch eine und noch eine. Ich kann viel lernen, ich muss viel lernen….
Ich liebe das Klettern, nun liebe ich auch die Auseinandersetzung damit :).
Meine mentale Infrastruktur jetzt? Besser als je zuvor. Reicher an Strategien, an Kontrolle, an Erfahrung. Ich bin dankbar, für mein zweites Leben und ich bin dankbar für die neuen Möglichkeiten.
Mit sich sein, oder nicht sein. Ich habe mich entschieden, mit mir zu sein. Mit meiner Geschichte, meinen Schwächen, meinen Stärken und mit den Chancen. Das Klettern begleitet nun mein ganzes Leben, in guten, wie in schlechten Zeiten. Manchmal ist die Zeit beim Klettern schlecht, meist jedoch bereichert das Klettern meine Zeit.
Ich möchte diese Idee weitergeben. Ich möchte Kletterer*innen inspirieren. Ich möchte ihnen helfen, sich selbst zu inspirieren. Ich möchte mit ihnen diesen Weg gehen, ihren eigenen Weg!
Jetzt wisst ihr, warum climBe… hoffentlich :).
Schreibe uns, ruf uns an, besuche uns… welcher Weg auch immer Dich zu uns führt: Wir freuen uns auf Dich!
team@climbe.de
Tel.: 01573-7810193 (Máté Matolcsi)
climbe – Analena Rischpler und Máté Matolcsi GbR
Agricolastraße 64 – München – team@climbe.de
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